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Lieber Vater! Vor einigen Tagen erhielt ich deinen lieben langen Brief, für den ich dir nochmals danke. Bei uns wird es jetzt endgültig Herbst. Die Birken unseres kleinen Wäldchens in dem unsere Wohnbunker halb in die Erde gebaut liegen, färben sich hier und da schon goldgelb. Die Nächte sind kalt, regnerisch und erfüllt vom heulen des Sturms. Der Kampf geht dessen ungeachtet weiter. Er ist hier ganz anders als im Süden. Dort war Weite, Endlosigkeit auch für das spähende Auge Raum für kühne Operationen. Hier hat sich Freund wie Feind im Buschwald und Sumpf ineinander verbissen, keiner sieht den anderen, keiner gibt nur einen Meter Morast auf, keiner gewinnt einen schmalen Waldstreifen ohne furchtbare Verluste. Ein häßlicher zermürbender Kampf ohne ein Ende oder durchschlagenden Erfolg absehen zu können. Wir bringen vom Süden eine gewisse kriegerische Unbeschwertheit trotz aller Schwere unseres bisherigen Kampfes mit, für gewohnt im Gefecht, der eigenen Überlegenheit und Kraft der Zukunft mit Vertrauen entgegenblickend. So kamen wir hierher in die Mentalität des Stellungskrieges. Seit einem Jahr gibt es hier solche schwunghaften Bewegungen wie auf der Halbinsel Kertsch nicht mehr. Sie sind in diesem unendlichen Wald unmöglich geworden. Zuerst habe ich wie wir alle mit dem Schicksal gehadert, doch allmählich gibt man sich in das Unvermeidbare. Der Kampf ist hier unglaublich viel schwerer, die seelischen und körperlichen Belastungen größer. Unsere letzte Bewährungsprobe als Soldaten werden wir wohl hier noch abgeben müssen. Doch ich zweifle nicht, daß wir sie bestehen. Ich habe dir ein Prospekt des Münchener Lesebogens mitgegeben, bitte schicke sie mir regelmäßig. Die Langeweile im Stellungskrieg ist nur durch Lesen totzuschlagen. Herzlich grüßt dich dein Max-Eugen |
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